Wo sind wir, wo müssen wir hin? Der Countdown läuft:
Erd- erwärmung | verbleibendes CO2-Budget 2020 | bei gleich- bleibenden Emissionen (42Gt/Jahr)* erreicht in |
---|---|---|
1.5 ° | 380 Gt | 2028 |
2 ° | 1130 Gt | 2046 |
*: Die Emissionen wachsen (s.u.)
Um den Klimawandel zu begrenzen, bräuchte es eine fast vollständige weltweite Energiewende innerhalb von etwa 10 bis 20 Jahren¹. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass internationale Konzepte kaum diskutiert werden. Im Pariser Abkommen von 2015 versprechen viele Länder nur, sich selbst Ziele zu setzen.
Das war der kleinste gemeinsame Nenner und wurde bereits als Meilenstein gefeiert. Doch die Umsetzung bleibt vage. Schon auf die Frage, wie weltweit die notwendige Speicherung bzw. der Netzausbau in der erforderlichen Dimension laufen soll, fehlt jegliche Vision, obwohl die Technik bereit steht.
Diese Materialsammlung soll die Größenordnungen verdeutlichen: Wie viel Wind und PV wären eigentlich nötig, um die Welt regenerativ zu versorgen? Ein globales Netz mit verlustarmen HGÜ-Leitungen könnte Wind- und Sonnenenergie aus allen Teilen der Welt liefern. Warum wird dieser Ansatz kaum verfolgt?
Er bedeutet nicht einmal Verzicht: Sobald genügend grüne Energien installiert sind, können sie ohne schlechtes Gewissen genutzt werden. Besteht annähernd eine Chance, das 1.5- oder 2-Grad-Limit weltweit einzuhalten?
Die realistische Antwort lautet: Nein. Internationale Prozesse sind zu langsam. Allerdings geht es hier um eine nie dagewesene Situation. Theoretisch ist es noch möglich, den Klimawandel soweit zu begrenzen, dass Weltwirtschaft und Ernährung mit etwas Glück nicht völlig kollabieren. Wenn das nicht gelingt, setzten sich Kettenreaktionen in Gang.
Dürren, Extremwetter, Artensterben und der langsame, aber unaufhaltsame Anstieg des Meeresspiegels, die Versauerung der Ozeane und der damit verbundene mögliche Ausfall eines Teils der Nahrungskette werden für menschliches Leid sorgen und der Wirtschaft massiv schaden. Welch ein radikaler Politikwechsel nötig ist, haben die meisten Akteure noch nicht begriffen. Der weltweite Ausbau von PV, Wind und Hochspannungskabeln müssten für die kommenden 20 Jahre ein Vielfaches² das aktuellen Niveaus erreichen, um die Aufgaben zu lösen. Fossile Brennstoffe machen 70% der Treibhausgasemissionen aus.
Verbunden damit ist eine zweite Mammutaufgabe: die Elektrifizierung von Verkehr und Wärme. Gleichzeitig steigt der Energiehunger in den Haupt-Verbrauchsländern USA, China, Indien und vielen Schwellenländern. Eine Kernfrage bei den Billioneninvestitionen: Lokale Speicher, Wasserstoffimport oder globaler Netzausbau? Diese Webseite soll eine Einschätzung geben, welche Perspektive es für eine globale Energiewende gibt. Mit den neuen Möglichkeiten interkontinentaler Starkstromleitungen und dem rapiden Preisverfall von PV-Anlagen steht eine finanzierbare Technik schon jetzt bereit.
¹ Die IPCC-Rechnung geht von einem linearen Anstieg aus: 1500 Gt CO2 entsprechen dabei nach der aktuellen Rechnung 1°C Anstieg. Dabei gibt es viele Faktoren, die zu Unsicherheiten führen, so dass der Weltklimarat mit Wahrscheinlichkeitsangaben arbeitet. Auch die Kipp-Temperatur kann nicht exakt beziffert werden.
²nach den Überschlagsrechnungen auf dieser Seite weltweit jeweils das 10 bis 20fache - abhängig vom Speicherkonzept
Das 2-Grad-Ziel: Noch zu erreichen?
Ja, aber nur bei einem radikalen Absenken des CO2-pro-Kopf Verbrauchs in den Industrieländern bereits bis 2025. Wenig deutet aktuell darauf hin. Jenseits der 2 Grad steigt das Risiko unumkehrbarer Kettenreaktionen. Das IPCC drängt inzwischen auf 1,5 Grad und sieht in vielen Szenarien keine andere Möglichkeit, als später CO2 der Atmosphäre zu entziehen. Wie das im benötigten Maße geschehen kann und wer die hohen Kosten dafür tragen würde, ist aber nicht absehbar.
...aus der Perspektive von 2010. Von der nötigen, radikalen CO2-Redktion ist 2022 noch nichts zu merken.
Der Weltenergieverbrauch wächst
Die Grafiken zeigen Strom, Wärme und Verkehr zusammengenommen, gemessen an der Primärenergie, deren weltweiter Konsum 2018 bei 162.500 TWh im Jahr lag (TPES= Total Primary Energy Supply).
Das entspricht einer konstanten Dauerleistung von 18 TW oder rund 21.000 kWh pro Person und Jahr oder 2,4 kW konstanter Leistung pro Person - etwa 20 mal mehr als der private Stromverbrauch im eigenen Haushalt in Deutschland.
Verbrauch nach Regionen:
Vor allem in Asien (gelb) wächst der Energiehunger.
Produktion nach Energiequellen
Gas, ebenso Öl und Kohle haben deutlich zugelegt. Bei 10000: der geringe Anteil erneuerbarer Energien und darunter die Wasserkraft.
Wieviel Energie müssten Erneuerbare bei einer globalen Energiewende aktuell erzeugen?
In der Primärenergie enthalten sind die hohen Verluste, die z.B. bei der Wandlung von Kohle oder Gas in Strom entstehen. Die tatsächliche Menge an Energie, die konsumiert wird, liegt laut IEA mit 113.000 TWh (TFC = Total Final Consumption) deutlich niedriger. Selbst hierin ist noch der volle Energiegehalt von Benzin enthalten, der von Fahrzeugen nur zu ca. 30% genutzt wird.
TFC nach Sektoren 2017 | TWh weltweit | % von 113 TWh |
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Transport | 32.650 | 28% |
Industrie | 32.800 | 29% |
Haushalte und Sonstiges | 37.320 | 33% |
nicht-energetische Nutzung | 10.220 | 9% |
Strom macht laut 25.260 TWh (22% der TFC) aus und verteilt sich auf die drei Hauptsektoren. Davon entfallen 4.080 TWh laut auf Wasserkraft (16% des Stroms, IEA). Auf Windenergie entfallen 1.270 TWh (ca. 5% des Stroms, BP für 2018). Auf PV entfallen 585 TWh (2,3% des Stroms, BP für 2018)
Bei einer vollständigen Umstellung auf Elektromobilität (90% Effizienz) mit regenertativen Quellen würde also der Gesamtbedarf weiter sinken. Öl und Gas sind beim Transport mit 30.000 TWh angegeben, so dass ca. 20.000 TWh entfallen. Weiteres Potential bieten mittelfristig effizientere Heizsysteme (Wärmepumpen) und vor allem bessere Dämmung. Andererseits entstehen hohe Verluste, wenn Wind und PV nicht sofort genutzt, sondern für Dunkelflauten als Gas oder Wasserstoff gespeichert werden müssen. Mit einem globalen Energienetz besteht dagegen die Chance, den Weltenergiebedarf auf ca. 90.000 TWh zu begrenzen.
Das Ziel ist also, ca. 90.000 TWh pro Jahr erneuerbar und damit elektrisch zu erzeugen.
Erneuerbare Energien hinken hinterher
Weltweit wird mehr als dreimal so viel fossile Energie neu installiert wie erneuerbare (bezogen auf die Nettorzeugung).
Zuwachs 2018 | Gesamt | davon Erneuerbare (ohne Wasserkraft) | Wasserkraft |
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TWh | 4560 | 760 | 328 |
China, die USA und Indien sind hauptsächlich für das Wachstum des Weltprimärenergiebedarfs verantwortlich.
Auch der CO2-Ausstoß durch Energieverbrauch ist 2018 laut BP um 2% gestiegen. Allerdings sind die Zahlen über weltweite CO2-Emissionen mit Unsicherheiten behaftet, da es keine weltweit einheitliche Erfassung gibt.
Mehr CO2 - die treibenden Faktoren
- 2/3 des Zuwachses durch China, Indien und die USA verursacht
- 1/4 des Zuwachses in USA, Russland und China durch Extremwetter - bei Hitzewellen werden z.B. Klimaanlagen aufgedreht
- 2018 nahm die Gasförderung weltweit un 5% zu, Hälfte davon in USA, weitere Zuwächse in Russland und China
- USA förderten deutlich mehr Öl und Gas: 2018 größter Anstieg aller Zeiten, den es jemals in einem Land gab
- China setzt auf Gas: +33% in 2 Jahren
- China und Indien bauen neue Kohlekraftwerke
Erneuerbare Energien spielen bisher nur in Europa, Asien und Nordamerika eine nennenswerte Rolle. Dies sind allerdings auch die größten Verbraucher. Auffällig: Der hohe Kohleanteil in Asien.
Waldbrände
Laut Greenpeace sorgten Waldbrände und andere Feuer 2018 für 8 Gigatonnen CO2-Emissionen. Das wären 20% des weltweiten Ausstoßes. Nur bei kompletter Wiederaufforstung wären diese wieder gebunden. Im August 2019 standen insbesondere in Brasilien, Kongo, Angola und Sibirien große Regionen in Flammen, zum Jahreswechsel 2019/20 erlebte Australien die größten Feuer in der jüngeren Geschichte des Kontinents.
Zement
Angegeben werden 1,6 Gt (ca 4% der weltweiten Emissionen, CICERO Klimaforschung Norwegen) bzw. 4 Gt bzw. 8% (ausgehend von 50 Gt gesamt, Chatham House Think Tank). Die weltweite Zementproduktion hat sich seit 1970 etwa verachtfacht (USGS). Bio-Beton setzt auf bakterielle Prozesse und kommt ohne die große Erhitzung aus, kann sich am Markt aber derzeit noch nicht durchsetzen.
Plastik
Kunststoffe sorgen mit einer zeitlichen Verzögerung für CO2-Ausstoß, wenn sie als Müll verbrannt und damit im besten Falle "thermisch verwertet" werden. Natürlich landet auch viel Plastik in der Umwelt. Das ist ebenfalls ein Riesenproblem. Laut BP (S.32) lag der Ölbedarf für die Plastikherstellung im Jahr 2017 täglich bei 15 Millionen Barrel pro Tag, also 871 Mrd Liter Öl im Jahr. Eine Verfeuerung von sämtlichem Plastik würde somit ca. 8.000 TWh an Primärenergie entsprechen (Infos zur Umrechnung Barrel / Öläquivalent / TWh). Wenn man pro Liter Öl mehr als 2 kg CO2 annimmt, landet man bei rund 2 Gt CO2 pro Jahr, also etwa ca. 5% des weltweiten Ausstoßes.
Langfristige Entwicklung
Wie der weltweite Energiebedarf sich langfristig entwickelt, ist schwer zu prognostizieren. Der BP Energy Outlook 2019 geht von deutlich wachsendem Bedarf aus, vor allem durch Indien und China.
E-Autos oder Wärmepumpen können den Primärenergiebedarf um grob geschätzt 30% senken, da sie effizienter arbeiten.
Effizienzgewinne im Transport
E-Autos besitzen mit Abstand die höchsten Wirkungsgrade. Damit ließe sich der Energiebedarf also halbieren. Wären jetzt schon alle Autos und LkW elektrifiziert, läge der Weltenergiebedarf ca. 10 % niedriger. Dieser würde aber wieder steigen, sobald sich Wasserstoff als Treibstoff durchsetzt. Dies macht nur sinn, wenn er grün produziert (s.u.) wird.Treibstoff | Wirkungsgrad bei KfZ |
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Benzin | 22 % |
Diesel | 25 % |
Wasserstoff | 30 % |
Strom (Baterie) | 76 % |
Beim Flächenverbrauch sind E-Autos mit PV den Biokraftstoffen deutlich überlegen. Nebenaspekt: PV ist auch naturschonender, da Düngung, Pflügen, etc entfallen.
Effizienzgewinne durch Wärmepumpen
Die Effizienz steigert sich nach Branchenangaben je nach System beim Heizen um den Faktor 2,8 (Luft), 4 (Erde) bis 4,8 (Wasser). Für Warmwasser liegen die Werte etwas darunter. Meistens dürfte aber nur die Luft verfügbar sein. Bei einer vollständigen Umstellung läge der Weltenergiebedarf somit um 20 % niedriger.
Verzicht
Derzeit wird die Diskussion um den Klimawandel von Appellen dominiert, auf Flugreisen, Fleisch und Plastik zu verzichten. Selbst wenn ein nennenswerter Teil der wohlhabenden Weltbevölkerung sein Verhalten etwas ändert, dürfte dies aber die weltweiten Emissionen nur um wenige Prozent verringern. Unverzichtbar bleibt, fossile Energien vollständig durch Wind, Sonne und Wasser zu ersetzen.
Lokale Energiespeicher, globaler Netzausbau oder Wasserstofftransport?
Wind und Sonne schwanken stark, auch in Kombination. Es gibt drei Möglichkeiten das auszugleichen:
- Lokal speichern: Große Batterien reichen nicht aus. Nötig wäre eine Wandlung zu Methan oder Wasserstoff und eine Speicherung im Erdgasnetz, das nicht überall zur Verfügung steht. Die Rückverstromung ist mit hohen Verlusten verbunden. Eine Alternative wären Pumpspeicher in bestimmten Regionen.
- Globaler Netzausbau: Je weiter Wind und PV-Anlagen verteilt und vernetzt sind, desto konstanter produzieren sie Strom. Erforderlich wäre ein massiver Leitungsbau über Kontinente hinweg mit neuen politischen Risiken und Abhängigkeiten.
- Wasserstoff aus der Wüste: Schneller umsetzbar als der globale Netzausbau wäre es vermutlich, Wasserstoff als transportablen Speicher zu nutzen. Er würde über den Seeweg weltweit verteilt. Der Nachteil: Hohe Effizienzverluste, mehr Anlagen nötig und damit ein höherer Energiepreis.
Es ist das klassische Henne-Ei-Problem: Die hohen Investitionskosten für alle drei Varianten rentieren sich erst, wenn erneuerbare Energieträger bereits einen hohen Anteil aufweisen. Andererseits bremst die Politik den Ausbau erneuerbarer Energien mit Verweis auf die starken Schwankungen, die die Versorgungssicherheit beeinträchtigen könnten.
Lokale Energiespeicher
Je kleiner die Netzregion ist, desto größere Speicher werden erforderlich, da Wind und Sonne stark schwanken. Speicher fehlen weltweit noch fast komplett. Sie ermöglichen es theorisch, die Energiewende in begrenzten Regionen vollständig umzusetzen, aber derzeit zu einem deutlich höheren Preis als bei weltweiter Vernetzung. Durch die Wandlung und Rückverstromung geht bei Erdgas und Wasserstoff mehr als die Hälfte der Energie verloren. Hinzu kommen die Kosten für die Elektrolyse- und Rückverstromungs-Kraftwerke. Je nach Speicherdauer (Minuten bis Monate) und Anzahl der Entladungen, damit verbunden der Auslastung der Wandlungstechnik variieren die Kosten stark. Wie sie sich entwickeln, ist zudem schwer zu prognostizieren, trotzdem hat es eine Studie des Imperial College London versucht:
Speicherzeitraum | Kosten 2020 US¢/KWh | günstigste Technik 2020 | Kosten 2050 US¢/KWh | Technik 2050 |
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längere Dunkelflauten ("Peaker Replacement") | 10 | Pumpspeicher 80%, Druckluft 20% | 6 | LiON 80%, Redox-Flow 20% |
Jahreszeiten ("Seasonal Storage") | 32 | Druckluft 40%, Pumpspeicher 25%, Wasserstoff 22% | 13 | Wasserstoff 80%, Druckluft 10%, Pumpspeicher 10% |
Genannt sind hier reine Speicherkosten ohne Herstellung und Verluste. Power-To-Gas (nur möglich, wo Erdgasnetz vorhanden, unterirdische Lager als Langzeitspeicher) wurde nicht berücksichtigt.
Effizienz von Langzeit-Stromspeichern (Wandlung und Rückverstromung)
Technik | Wirkungsgrad (ohne Wärmekonzept) | |
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Methan (P2G Power-To-Gas) | 35% | Langzeit |
Wasserstoff (P2H) | ca 40% | |
Pumpspeicherkraftwerk (PHES Pumped Hydro) | 75% | begrenzte Reserven |
Druckluft (CAES Compressed Air) | 40 - 50 % | Langzeit, Kurzzeit bis zu 70 % möglich |
Batterie LiON | 70-90% | |
Batterie RedOx Flow | 70-90% | |
Batterie Blei | 80-85% |
Außerdem eignen sich diverse Batterietypen, Druckluft, Kondensatoren und sogar Schwungräder als Kurzzeitspeicher, um plötzliche Netzschwankungen abzufedern.
Oft wird auch genannt, dass Elektroautos als Stromspeicher dienen können. Für Regelenergie (schnelle Netzschwankungen ausgleichen) mag das ein Aspekt sein. Als Langzeitspeicher eignen sich die Autos nur begrenzt, da sie dann nicht mehr fahren könnten. Bei 40 Mio. Elektroautos mit 50 KWh ergeben sich 2 TWh und damit der Primärenergiebedarf für 4 Tage bzw. der heutige Strombedarf für einen Monat.
Eine Option, um den Speicherbedarf zu senken, wären stündlich stark schwankende Strompreise für sämtliche Endverbraucher, um Anreize zu schaffen, Energie zu nutzen, wenn sie verfügbar ist.
Energiespeicher in Deutschland
Speichertechniken werden bisher nur in verschwindend geringem Umfang genutzt, wenn man den Primärenergiebedarf gegenüberstellt. Das Bundeswirtschaftsministerium schreibt: "Sie sind perspektivisch notwendig, aber heute noch meist teuer und teilweise im Entwicklungsstadium. Deshalb steht bei Speichern derzeit die Forschung und Entwicklung im Vordergrund, insbesondere um die notwendigen Kostensenkungspotenziale zu erreichen." Dadurch entsteht ein Henne-Ei-Problem. Erneuerbare Energien werden mit der Begründung nicht weiter ausgebaut, dass sie nicht Grundlastfähig seien. Beim Ziel, CO2-frei zu werden, darf nicht nur der Strom betrachtet werden. Auch Autos und Heizungen müssen dann elektrisch laufen, mit Wind- und Sonnenenergie. Daher ist der Energiebedarf weit höher als jetzt.
Dauerleistung | Jahresbedarf 2017/18 | |
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Strom (Quelle: UBA) | 59 GW (schwankt zwischen 50 und 80 GW) | 520 TWh |
Primärenergie (Quelle: BP) | 430 GW | 3766 TWh |
Technik | Kapazität in D in TWh | Dauer für Primärenergie 430 GW |
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Methan im Erdgasnetz (Power-To-Gas) | 200 (nicht genutzt, da Elektrolyseure fehlen) | 20 Tage |
Pumpspeicherkraftwerk | 0.04 (bereits genutzt) | 6 Minuten |
Batterie | 0.0001 (genutzt) 0.0003 inkl. Private Akkus (genutzt) | 1 bzw 3 Sekunden |
In Deutschland hat das Erdgasnetz als einziges die Kapazität, die nötig ist, um ausreichend Energie bei einer 80-100%-Versorgung für Primärenergie mit Erneuerbaren zu speichern. Das ist allerdings mit hohen Verlusten verbunden.
Wo erzeugen, wo wandeln, wo speichern, wo rückverstromen?
Naheliegend wäre der Gedanke, möglichst dicht an einer Region mit Windparks oder PV-Anlagen die Energie zu speichern. So entstünde ein grundlastfähiges Kraftwerk. Das Erdgasnetz kann vor Ort aber nicht so viel aufnehmen. Deshalb wäre ein Stromnetzausbau mit einem flächendeckenden Netz von Elektrolyseuren und Gaskraftwerken nötig.Das Frauenhofer-Modell 100% Erneuerbare
2012 hat das Fraunhofer ISE ein möglichst kostengünstiges Modell für 100% erneuerbare Energien in Deutschland ohne den Verkehrssektor und die brennstoffbasierte Industrie errechnet. Ausgegangen wird deshalb nur von 1147 TWh Primärenergiebedarf im Jahr, was 130 GW durchschnittlicher Leistung entspricht.
Ein verfeinertes Fraunhofer-Modell von 2013 geht nur von 80% Erneuerbaren in 2050 aus, diesmal inklusive Verkehr und Industrie. Die Eckwerte weichen deutlich ab:
- PV: 147 GW
- Wind onshore: 120 GW
- Wind offshore: 32 GW
- Wasserkraft: 5 GW
- Kohle: 10 GW
Das Supergrid
Irgendwo scheint immer die Sonne. Und irgendwo weht immer der Wind. Ließe sich das Problem statt durch Speichern auch durch den Ausbau langer Stromleitungen lösen? Die Verluste halten sich in Grenzen:
Freleitung 380 kV Wechselstrom | HGÜ-Gleichstrom 1200 KV | |
---|---|---|
Verlust pro 1000 km | 10 % | 1.6 % |
Hinzu kommen Verluste durch Umrichter. Klar wird aber: Selbst beim Transport über Kontinente hinweg bleibt weitaus mehr als beim Power-To-Gas-Wandeln und Rückverstromen übrig.
Ein europäisches Supergrid oder sogar weltweit?
- Bei einem europäischem Supergrid müsste dann die Grundlast bei Dunkelheit fast allein durch Windkraft gedeckt werden können. Hier wäre man immer auf Speicher bzw. Gaskraftwerke angewiesen, die bei großflächiger Flaute einspringen könnten.
- Stattdessen wäre ein weltweiter Ring aus PV- und Windanlagen möglich, der konstante Grundlast liefert. Natürlich birgt das auch Probleme, allen voran die daraus folgende politische Unsicherheiten über Ländergrenzen wie bei Erdgas- und Ölpipelines. Die Schwierigkeiten bei Desertec verdeutlichen dies. Ein vielmaschiges Netz würde die Abhängigkeiten minimieren.
- Viele Länder verfügen über große Flächen von PV, die eine preiswerte Installation möglich machen, insbesondere auch Russland, China, Saudi-Arabien und die USA, denen eine Schlüsselrolle zukommt. Für diese Länder hätte es einen wirtschaftlichen Reiz, auch weiterhin Energie zu exportieren - in diesem Fall PV und Wind statt Gas und Erdöl.
- Bei einer Verlegung von HGÜ in der See wäre zumindest keine aufwendige Planung nötig und wenig Widerstand in der Bevölkerung zu erwarten. Es könnte also schneller gehen als bei den Hochspannungsleitungen über Land in Deutschland.
- Eingespeist würde zudem vermutlich auch Atom- und Kohleenergie. Dennoch ist der Ansatz reizvoll.
China als Vorreiter für ein weltumspannendes Supergrid
Vor allem China verfolgt den Ansatz eines internationalen Supergridds seit 2010 mit der Global Energy Interconnection Development and Cooperation Organisation (GEIDCO). Nach dieser Landkarte setzt man offenbar vor allem auf landgebundene Kabel, die technisch einfacher zu bauen sind.
Die Pläne, die auch Teil der Initiative Neue Seidenstraße sind, genießen hohe Priorität. Dahinter steht Liu Zhenya, ex-Chef der State Grid Company of China (SGCC), dem chinesischen netzbetreiber und nach Forbes zweitgrößten Unternehmen der Welt. Erster Schritt ist offenbar, die Vernetzung unversorgter Regionen in Afrika und Brasilien voranzutreiben. Dort sitzen viele Partner. Aber auch in Europa steckt China die Fühler aus: Als Portugal infolge der Finanzkrise gezwungen wurde, das staatliche Energienetz zu verkaufen, sicherte sich China einen 21%-Anteil. 2018 berichtete die Financial Times über Chinas Bestrebungen, Einfluss im internationalen Strom- und damit Energiemarkt zu gewinnen. In Europa wurde über diese Strategie bisher aber wenig berichtet. Eine Studie des Joint Research-Center der EU-Kommission hat 2018 mögliche Routen einer Verbindung zwischen China und Europa untersucht, berichtet von weltweiten Einzelprojekten und stellt den Stand der Entwicklung dar. Dasselbe Autorenteam (Ardelean, Minnebo) hat sich mit einem HGÜ-Kabel zwischen Europa und Nordamerika beschäftigt.
GEIDCO-Ausbauziele für das globale Netz
Jahr | Leistung | Stränge Nord-Süd und West-Ost jeweils |
---|---|---|
2035 | 280 GW | 5 |
2050 | 720 GW | 7 |
2070 | 1250 GW | 9 |
GEIDCO-Prognose für Strombedarf 2050: 73.000 TWh davon 15.000 TWh cross-border laut Vortrag Zhenya (18:15)
Die 1,2 Terawatt (also 10.000 TWh jährlich im Backbone-Netz) bis 2070 entsprechen allerdings "nur" einem Drittel des heutigen Stromverbrauchs und nur 7% des Primärenergiebedarfs und müssten bei dieser Dimensionierung mit Energiespeichern kombiniert werden. 2070 ist zudem viel zu spät. Dennoch handelt es sich offenbar um den einzigen globalen Plan.
China hat bereits eine 3000km-Verbindung (UHVDC) mit 12 GW quer durch das Land von West nach Ost in Betrieb genommen. Schon jetzt seien 5000 km denkbar, schreibt der staatliche Netzbetreiber SGCC. Mehr Infos hier. Ziel ist es allerdings auch, die Kohlereserven in Xinjiang (in NW) stärker zu nutzen, um dann in den Zentren im SO für bessere Luft zu sorgen. Zumindest sieht China im NW auch ein Potential für 200 GW erneuerbare Energien.
Interessant sind die globalen Eckdaten, die China für 2050 bei GEIDCO angibt:
- Ziel: 83% Erneuerbare Energien in einer weitgehend elektrifizierten Welt
- Elektrischer Durschnittsverbrauch steigt auf 6200 KWh pro Jahr und Kopf
- Kosten: 38 Billionen US$ für diese globale Energiewende, davon 390 Milliarden US$ für das HGÜ-Netz
- jährliche Einsparungen für Energieausgaben von 1,8 Billionen US$
Die Summe von 38 Billionen ist im Rahmen der Schätzungen der IEA für nötige Investitionen bis 2035. Zum Vergleich: Auch in Öl und Gas müssten 11 Billionen $ in den kommenden Jahren investiert werden, um den Bedarf zu bedienen. Diese Zahl nennt die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate.
Was wurde aus Desertec?
Mit diesem Namen wird meist das 2009 gestartete industrielle Projekt der Dii GmbH (Desertec Industrial Initiative) verbunden. Ziel war es, mit riesigen PV-Anlagen in der nordafrikanischen Sahara jährlich 1000 TWh zu erzeugen. Per HVDC sollten rund 15% des europäischen Strombedarfs damit abgedeckt werden. An zahlreichen Studien war das deutsche Institut für Luft und Raumfahrt beteiligt (DLR), von dem auch die Investitionssumme von 400 Mrd € als vage Schätzung stammt. Streit gab es den Berichten zufolge um die Frage, ob zunächst der Eigenbedarf der Länder gedeckt werden sollte. Viele europäische Unternehmen sind ausgestiegen. Hauptplayer sind nun der saudi-arabische ACWA, Chinas State Grid und die deutsche Innogy.
Unabhängig davon existiert die Desertec Foundation als NGO, die nach eigenen Angaben auf globale Lösungen der Energiefrage hinarbeitet. Im Zentrum stehe dabei das Energiepotential von Wüstenregionen mit PV und Power-To-X. Kuratoren sind Unternehmensberater Roland Berger und Prinz Hassan ibn Talal von Jordanien. Die Organisation ist verbunden mit dem Club of Rome.
Eine weitere Initiative unter französischer Leitung ist Medgrid, vormals Transgreen, die aber offenbar eingeschlafen ist. Der Ansatz war kleiner als von DII: Für ca 40 Mrd € sollten einzelne HVDC-Leitungen von Nordarfrika gelegt werden. Seit 2015 sind keine Neuigkeiten auf der Webseite zu finden.
Kosten von HGÜ
Zu berücksichtigen sind Kosten für...
- Kabel: Sinkende Verluste bei hohen Spannungen, Entwicklungspotential
- Verlegung: Drei Varianten Freileitung/Erdkabel/Seekabel. An Land fallen in besiedelten Regionen hohe Entschädigungen für Landeigentümer an. Offshore kann das Gewicht an Grenzen stößen.
- Wartung:: Hohe Reparaturkosten offshore in großen Meerestiefen?
- Konverter: Sinkende Kosten bei steigender Länge
Projektkosten | Gesamt | Länge | Leistung | Spannung | Typ | pro km und GW |
---|---|---|---|---|---|---|
Changji-Guquan (China) | 40,7 Mrd Yuan | 3293 km | 12 GW | 1100 kV | Freileitung | 100.000 € |
Nordlink | 1,5 - 2 Mrd. € | 623 km | 1,4 GW | 800 KV | Kombi (53km frei/516km See/54km Erdkabel) | 1,7 - 2,3 Mio € |
Studie USA (EIA) | - | - | - | - | - | 1,3 - 3 Mio € |
- Überschlagsrechnung für ein weltumspannendes Netz (40.000 km) mit 9 TW (halber derzeitiger weltweiter Dauerverbrauch an Primärenergie) bei nur 100.000 € (China) pro km und GW: 36 Billionen € oder das weltweite Bruttosozialprodukt eines halben Jahres. Diese Summe ließe sich vermutlich durch Massenproduktion und Verbesserung der Technik bei entsprechender Nachfrage reduzieren.
- USA: Geschätzte Kosten für ein mehrmaschiges Supergrid für die USA: 500 Mrd US$. Zum Vergleich: Die Netzkosten betragen 25 Mrd US$ pro Jahr.
- Es handelt sich um Investitionen, die refinanziert werden. Legt man die chinesischen HGÜ-Herstellungskosten an, hätte sich ein 10.000 km-Kabel bei einem Netzentgelt von nur 2ct/KWh nach 5 Jahren refinanziert. Die Netzentgelte innerhalb Deutschlands sind derzeit mit z.T. mehr als 10 cent deutlich höher.
Erdkabel robuster gegen elektromagnetische Schocks
Elektromagnetische Stürme können Blackouts verursachen. Alexander MacDonald von der NOAA nennt in seinem Vortrag kosmische Jahrhundertereignisse, aber auch spezielle Bomben, die einen elektromagnetischen Schock auslösen und somit großflächig die Strominfrastruktur zerstören. Empfehlenswert sind daher geschirmte, besser noch unterirdische HVDC-Kabel, die alle paar Kilometer geerdet seien, wie Charles Bayless (ex CEO von Illinois Power and Tucson Electric) erklärt.
Der Energietransport über Langstrecken-Stromkabel (HGÜ) ist in jedem Falle effizienter als Power-To-X mit Rückverstromung. Der Stromnetzausbau ist also unverzichtbar.
Wasserstoff aus der Wüste
Die Schwierigkeiten beim Bau von HVDC-Leitungen lassen sich umgehen, indem man Wasserstoff als transportablen Energieträger nutzt. Die deutsche Forschungsministerin Karliczek warb im Oktober 2019 dafür, Wasserstoff aus Afrika zu importieren. Den Industriebedarf für Europa im Jahr 2030 beziffert sie mit 665 TWh und damit 1 % des Primärenergiebedarfs. Bis 2050 sollen darüberhinaus 70% der Autos mit Wasserstoff fahren. Hierbei entstehen jedoch hohe Energieverluste (s.o.). Die Folge: Es werden zwei bis dreimal größere Kapazitäten für Wind/PV benötigt. Die CO2-Bilanz wäre gut. Wenn auch der Transport des Wasserstoffs (weltweit per Schiff) mit grüner Energie erfolgt, gibt es keine Emissionen mehr.
Wichtige Aspekte:
- Diskutiert wird über Offshore-Anlagen zur Wasserstoffherstellung ohne Netzanschluss
- Aus Gas lassen sich Kraftstoffe und Chemikalien herstellen.
100% Modellrechnungen
Diese Überschlagsrechnungen sollen als Gedankenspiel lediglich die Größenordnung veranschaulichen. Sinnvoll wäre natürlich ein Mix aus Sonne, Wind, Wasser und Speichern. Dabei steigt der Energiebedarf, je punktueller die Versorgung geplant ist, da in diesem Fall der Speicherung und Rückverstromung für hohe Verluste sorgen. Der Speicherbedarf entfällt theoretisch, wenn alle Energienetze weltweit leistungsstark miteinander verbunden sind. Die Rechnungen gehen diesem Fall aus, um zunächst ein Gefühl für die Größen zu bekommen.
Modellrechnung 100% PV mit weltweitem Supergrid
Die Energieausbeute reicht von etwa 500 kWh (Polarregion) bis 2500 kWh (Äquator) pro Jahr und installierter Leistung (KWp).
Angegeben werden für Hausanlagen ca 6 m2 pro KWp (installierter Leistung). Bei einem durchschnittlichen Standort mit 1500 KWh/(a*KWp) ergibt sich somit 250 KWh/(a*m2).
Allerdings können die Module nicht lückenlos installiert werden, um Platz für Wartung der Anlage zu erhalten. Die Liste der größten Solarparks zeigt, dass etwa 40 MWp pro km2 erreicht werden. Das entspricht nur 40 Wp pro m2 bzw. 25 m2pro KWp. Damit sinkt die Energieausbeute unter Realbedingungen auf 1500/25= 60 KWh/m2 im Jahr.
Wirkungsgrade liegen laut Fraunhofer ISE für industrielle Standardmodule inzwischen bei 17 %, für Spitzenmodule bei 25 %. Zum Vergleich: Bei der Verstromung von Energiepflanzen wird nur 1% der Sonnenenergie verwertet. Quelle: Fraunhofer ISE: Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland (S.43).
Langfristig könnte der Wirkungsgrad von PV-Modulen mehr als verdoppelt werden. Im Helmoltz Zentrum Berlin geht man von mehr als 40% Effizient bei der sogenannten Tandem-Technik aus: Einer Kombination der marktbeherrschenden Wafer-Schicht (Silizium) mit der neueren Dünnschicht-Technologie. Eine weiteres Material, das Kosten und Platzbedarf senken könnte, ist Perowskit. Diese Solarmodule befinden sich aber noch in der Entwicklung.
Brutto-Flächenbedarf (inkl. Lücken) für große PV-Anlagen
- 31.12.2019 00:28:23
- Nur aktueller Verbrauch an Strom: (26000 TWh/a) / (60 kWh/(a*m²)) = ca 433.000 km², also 650 x 650 km mit Solaranlagen, etwa 0,3% der weltweiten Landfläche. Das entspricht der Fläche vom Irak oder von Schweden. Ohne Lücken (netto) würden die Module 320 x 320 km bedecken.
- Strom Gesamtbedarf bei 100% PV (s.o.): (90000 TWh/a) / (60 kWh/(a*m²)) = ca 1,5 Mio km², also 1225 x 1225 km mit Solaranlagen, 1% der weltweiten Landfläche. Ohne Lücken (netto) würden die Module 600 x 600 km bedecken.
- Gesamte aktuelle Primärenergie: (161000 TWh/a)/ (60 kWh/(a*m²)) = ca 2,7 Mio km², also 1640 x 1640 km mit Solaranlagen, etwa 1,8% der weltweiten Landfläche. Das entspricht etwa der Fläche Algeriens oder Kasachstans. Ohne Lücken wären es ca. 800 x 800 km.
- Mit verbesserten Wirkungsgraden sinkt mittelfristig der Flächenbedarf. 1000 x 1000 km sind als grober Richtwert darstellbar.
Bei 1500 KWh/KWp im Jahr wären für den reinen Strombedarf 26.000TWh / (1500KWh/KWp) = 17.000 GWp nötig, für die Primärenergie etwa 100.000 GWp, bezogen auf den aktuellen Bedarf. 2017 wurden 100 GWp installiert, 2020 bis 2024 prognostiziert die IEA ca 700 GWp. Selbst auf diesem optimistischen Niveau bräuchten wir also 120 bzw. 600 Jahre. Oder: Man müsste die Produktionskapazitäten um das 6 bis 30fache steigern, um innerhalb von 20 Jahren diese Menge zu installieren. Schwer abzuschätzen ist, ob die Rohstoffe für die PV-Herstellung dabei knapp werden. Je nach Technik werden unterschiedliche Rohstoffe gebraucht. Die Produktionsweise entwickelt sich ständig weiter.
Bei dem globalen Ansatz ohne Speicher müsste das Stromnetz in der Lage sein, einen großen Teil der im Schnitt ständig benötigten 18 TW weltweit zu transportieren. Zum Vergleich: Unterwasserkabel haben derzeit bis zu 2GW, die stärkste Überlandleitung 12GW (s.o.). Wir bräuchten also ein weltumspannendes Netz von ca 1.500 bzw 9.000 HGÜ-Kabeln dieser Kategorien, um den Erdball umspannen. Laut Siemens wurden 2012 HGÜ von 100 GW weltweit installiert. Auch hier wäre also eine Vervielfachung nötig.
Die folgende Tabelle geht von Nettoflächen ohne Zwischenräume aus und kalkuliert mit 320 KWh/m2
Fläche | Größe (weltweit verteilt) | installierte Leistung | durchschnittliche Leistung (18% der installierten) | Strommenge pro Jahr | reicht für... (nur Strom) | Kosten (nur Panele 2019, gerundet) |
---|---|---|---|---|---|---|
1 m2 | 1m * 1 m | 200 Wp | 36 W | 320 KWh | 5 € | |
5 m2 | 2.2m * 2.2 m | 1 KWp | 180 W | 1600 KWh | eine Person | 26 € |
100 m2 (Dach) | 10m * 10m | 20 KWp | 3.6 KW | 32 MWh | 500 € | |
10000 m2 (Hektar) | 100m * 100m | 2 MWp | 360 KW | 3.2 GWh | Dorf (2000 Ew.) | 50000 € |
1 km2 | 1km * 1km | 200 MWp | 36 MW | 320 GWh | Großstadt (200.000 Ew.) | 5 Mio € |
3000 km2 | 55 km * 55 km | 600 GWp | 108 GW | 960 TWh | 2 x Strom Deutschland | 15 Mrd € |
160.000 km2 | 400 * 400 km | 32 TWp | 5.7 TW | 51 PWh | 2 x Strom weltweit | 800 Mrd € |
1 Million km2 | 1000 * 1000 km | 200 TWp | 36 TW | 320 PWh | 2 x Primärenergie weltweit | 5 Bn € |
Modellrechnung 100% Offshore-Wind
Link: IRENA Global Wind Atlas
Installiert D 2017 | Erzeugt D 2017 | Verhältnis instaliert/ erzeugt | Weltweit nötig für 18 TW Dauerleistung | Weltweite Anlagenzahl nötig a 3 MW | Weltweiter Flächenbedarf | |
---|---|---|---|---|---|---|
onshore | 46 GW | 89 TWh | 22 % | 81 TW | 27 Mio | 2.7 Mio km² 1643 x 1643 km |
oder offshore | 4 GW | 20 TWh | 62 % | 29 TW | 10 Mio | 1 Mio km² 1000 x 1000 km |
Bei 18 TW Dauerverbrauch weltweit würden also bei 29 TW installierte Leistung an offshore oder 81 TW onshore gebraucht, wenn man von identischen Windverhältnissen wie in Deutschland und einer massiven Netzstruktur ausgeht, die weltweit sämtliche Schwankungen ausgleicht. Bei 0.1 km² pro 3 MW-Anlage (330 m Abstand untereinander) käme man dann auf ca. 10 Mio Offshore-Anlagen, die 1 Mio km² benötigen bzw. 27 Mio onshore-Anlagen, die 2.7 Mio km² verbrauchen.
Offshore ergäbe sich also ein ähnlicher Flächenbedarf wie bei PV weltweit. Onshore würden fast dreimal mehr Anlagen benötigt. Fraglich ist, ob die zusammengenommene Windleistung z.B. in ganz Europa zu einer einigermaßen konstanten Leistung führt. Auch hier empfiehlt sich eine weltweite Vernetzung, um Speicherkapazitäten einzusparen.
Eine Aufaddierung von Windleistungen in ganz Europa ist derzeit im Internet nicht verfügbar. Windkraftgegner verbreiten derzeit ein Diagramm der ENTSO-E, das stark schwankende Windenergie bei der Aufaddierung von 15 Ländern dokumentiert. Da derzeit Deutschland mit Abstand am meisten Windenergie liefert, spiegelt das nicht die Situation bei einer gleichmäßigen Verteilung von Windanlagen wieder.
Wasserkraft
Wasserkraft erzeugt derzeit genauso viel Energie wie Wind, Sonne und Biomasse zusammen. Die größten Produzenten sind China (3163 TWh), Kanada (1020), den USA (759), Indien (367) und Norwegen (363). Allerdings sind Neubauten mit Umweltschäden verbunden. Ausbauszenarien lassen sich nicht so leicht wie bei PV und Wind entwickeln. Schon jetzt beträgt der Zubau von Wind/PV das doppelte wie von Wasserkraft, gemessen am Ertrag (s.o.).
Fossile Energiereserven
Die Hoffnung, Öl und Gas würden bald zuneige gehen, ist trügerisch. Es gibt noch große Vorkommen. Allein das Erdgas würde bei Verbrennung die dreifache Menge des CO2-Budgets für zwei Grad freisetzen. Mit neuen Techniken steigt die Menge der förderfähigen Reserven massiv. Ein Hauptproblem ist es, die Eigentümer (Länder oder Firmen) von Öl/Kohle/Gas zu überzeugen, die Bodenschätze im Wert von aktuell 100 Billionen US$ in der Erde zu lassen.
ursprüngliche Reserven | aktuelle Reserven | CO2 bei Verbrennung | jährlicher Verbrauch | CO2 pro Jahr | bei konstanter Förderung reicht für | Wert nach Weltmarktpreis 2019 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Erdgas | 509 Gt | 183 Gt | 3640 Gt | 4 Gt | 11 Gt | ca 45 Jahre | 18 Billionen $ |
Erdöl | 216 Gt | 120 Gt | 4 Gt | 2 Gt(?) | ca 50 Jahre | 58 Billionen $ | |
Kohle | 1000 Gt | 730 Gt | 2200 Gt | 6 Gt | 20 Gt | 350 Jahre | 33 Billionen $ |
Kohle 45$/t, Erdöl 480$/t
Besondere Problematik: Wenn Erdgas=Methan nicht verbrannt wird und stattdessen in die Atmosphäre gelangt, ist der Schaden viel höher - etwa um den Faktor 25. Bei der Erdölförderung ist das der Fall, weil dabei Erdgas nach oben gelangt. Oft wird Erdgas auch nutzlos abgefackelt (diese ca 1 Gt/a Erdgas werden laut Umrechnungsfaktor zu 2,8 Gt CO2).
2 Grad - was kommt danach?
Die Warnung, dass das Klima "kippt", bedeutet: Es setzen sich Prozesse in Gang, die den Klimawandel zusätzlich verstärken. Die bekanntesten:
- Permafrostböden tauen ab und setzen Methan frei (deutlich klimaschädlicher als CO2)
- Die Polkappen schmelzen ab, so dass das Meer zusätzliche Sonnenenergie aufnimmt
2 Grad bedeutet 5 Grad
Die Erderwärmung schreitet dann eine Zeitlang zusätzlich voran, selbst wenn irgendwann gar kein CO2 mehr ausgestoßen wird. Dies kann wiederum weitere Prozesse auslösen, so dass es zu einem Dominoeffekt, einer Kettenreaktion kommt. Zeitliche Prognosen sind schwer, weil viele Faktoren sich gegenseitig beeinflussen. Die Grafik stellt dar, bei welchen Temperaturen bestimmte Klimasysteme ausfallen:
Von Unumkehrbarkeit wird gesprochen, weil sich z.B. der Eispanzer Grönlands nicht von alleine wieder aufbaut. Selbst bei einem unwahrscheinlichen und aufwendigen CO2-Entzug aus der Atmosphäre würde das Jahrhunderte dauern. Sollten sich Meeresströmungen grundlegend ändern, ist der jetzige Zustand nicht wieder herstellbar. Solche Szenarien sind wahrscheinlich, wenn die weltweite Energiewende erst bis 2100 oder noch länger braucht. Langfristig könnte die CO2-Konzentration in der Luft zwar wieder zurückgehen. Dennoch sind die Schäden nicht wieder gutzumachen.
Bei einem vollständigen Verbrennen der fossilen Energiereserven (Szenario RCP8.5) werden in Prognosen des IPCC 4 bis 10 Grad Erderwärmung bis 2200 genannt. Deutlich höhere Werte treten grundsätzlich an Land auf. Bis zu 2000 ppm CO2 können dann auftreten. In Innenräumen sollte man bei solch einem Wert dringend lüften. Bereits 800 ppm gelten als nur noch mäßige Raumluftqualität. Akute Erstickungsgefahr droht allerdings erst bei mehreren 10.000 ppm.
Der Kipppunkt
Die Debatte, ob es zwei, drei oder fünf Grad Erwärmung werden, ist irreführend, weil sie suggerieren, dass danach der Prozess aufhört. Die genannten Werte beziehen sich fast immer auf das Jahr 2100. Danach steigt die Temperatur weiter. Wenn wir in den Pott hineingefallen sind, kommen wir nicht wieder heraus. Entscheidender ist die Frage, ob der Kipppunkt bereits erreicht ist. Das kann niemand genau abschätzen. Eine Einstellung, eine Energiwende habe keinen Sinn, weil der Kippunkt schon überschritten ist bzw. in Kürze sein wird, ist aber unverantwortlich, weil die Entwicklung eben mit einer gewissen, abnehmenden Wahrscheinlichkeit noch verlangsamt werden kann. Und selbst wenn es so sein sollte, dass sich schon jetzt bei einem sofortigen Stopp aller Treibhausgasemissionen die Kettenreaktion fortsetzen würde, ließe sich trotzdem die Intensität der Entwicklung etwas abfedern.
Wie stark steigt der Meeresspiegel?
- bis 2100: um 20 - 60 cm
- in den kommenden 2000 Jahren: um 5 bis 10 Meter, weltweit unterschiedlich, pro Grad Erwärmung um 2,3 Meter
Deutlich höhere Werte lassen sich in einer Grafik von Volker Quaschning für die vergangenen 20.000 Jahre ablesen: ca. 35 Meter pro Grad Temperaturdifferenz. Er spricht von Worst-Case-Szenarien von 2,3 Meter bis 2100 bei 4 bis 5 Grad plus.
Andere Treibhausgase
CO2 gilt zu mehr als 80% als Haupttreiber der Klimawandels. Andere Gase haben bei geringerer Menge einen relativ größeren Effekt, Methan aus der Tierhaltung z.B. um den Faktor 25, es verflüchtigt sich aber auch nach wenigen Jahren.
Versauerung der Ozeane (Ocean Acidification)
Die Weltmeere nehmen CO2 auf und würden es bei einem Absinken der Konzentration in der Atmosphäre auch wieder abgeben. Das führt allerdings zu einer Versauerung: Der Ph-Wert ist bereits von 8,18 auf 8,07 gesunken. Das entspricht einer zusätzlichen Versauerung um rund 30%. Bis 2100 drohen bis zu 150% mit gravierenden biologischen Konsequenzen für die Ökosysteme, die solche Bedingungen seit 20 Millionen Jahren nicht erlebt haben.
Die US-Ozeanografie- und Wetterbehörde NOAA warnt vor einer massivem Reduktion von Muscheln, Korallen und bestimten Planktonarten. Deren Kalziumkarbonatstrukturen könnten sich unter diesen Bedingungen schwerer bilden. Sie dienen als Nahrungsgrundlage des gesamten marinen Ökosystems. Rund um die Antarktis sei der Effekt bereits zu beobachten.
Warum überhaupt grüne Energie?
Auch ohne den Klimawandel ist eine globale Energiewende unverzichtbar, weil die Reserven für fossile Energien schwinden. Der einzige Unterschied: Dann hätten wir mehr Zeit. Die Kernfrage: Wann werden grüne Energien billiger? Das Problem: Sie haben einen Wettbewerbsnachteil, weil die tatsächlichen Kosten von Atom- und Kohlestrom nicht eingepreist sind.
Ein Blick auf die Alternativen:
Atomkraft ohne Versicherung
Was für jede Hebamme oder jeden Autofahrer gilt, gilt nicht für Atomkraftwerke: Sie sind nicht gegen Super-GAUs versichert. Es wäre schlichtweg nicht bezahlbar und auch organisatorisch schwierig, da sich Gesundheitsfolgen wie Krebs nicht als Folge des einzelnen Ereignisses nachweisen lassen.
Abgesichert | 2.5 Milliarden Euro |
---|---|
Kosten eines Super-GAUs | 6000 Milliarden Euro (6 Billionen) |
Abgesichert sind in Deutschland nur Schäden bis 2,5 Milliarden Euro (1/S.6 u.), darüberhinaus durch das Vermögen der Energiekonzerne, das nicht ausreicht. Die von Versicherungen kalkulierte Summe liegt bei 6 Billionen (1/S.19-20). Nach Tschernobyl waren große Bereiche Europas kontaminiert. Auch mehr als 30 Jahre danach existiert 30 km um Tschernobyl noch eine Sperrzone. Natürlich ist es völlig unmöglich, mit irgendeiner Summe die Folgen für Natur und Umwelt auszugleichen.
Endlagerungskosten über eine Million Jahre
Hinzu kommt das Problem der Endlagerung. Die unbezifferbaren Kosten werden einfach den folgenden Generationen aufgebürdet. Die Energiekonzerne haben sich mit 23 Milliarden Euro freigekauft. Die tatsächlichen Kosten über eine Million Jahre lassen sich nicht seriös kalkulieren. Klar dürfte sein, dass 23.000 Euro pro Jahr bei dieser sehr vereinfachten Rechnung nicht ausreichen.
Fossile Energie: Umweltschäden nicht eingepreist
- Die Folgekosten des Klimawandels durch den CO2-Ausstoss lassen sich schwer beziffern, dürften aber horrend sein.
- Gesundheitskosten, insbesondere in den Ländern, in denen die Emissionen nicht gefiltert werden. Stichwort: Smog in China.
- Landschaftszerstörung im Tagebau, selbst wenn irgendwann renaturiert wird. Kein Vergleich aber zu Windrädern, die man komplett rückbauen kann. Eher ein Randproblem.
Strom-Produktionskosten in Deutschland
Atomkraft | Braunkohle | Öl | Biomasse | Erdgas | Solar Hausdach | Solar Freifläche | Wind Land | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
netto | 12-14 | 3 | ? | 9.9 | 4-6 | 10.6 | 4.3 | 4.6 |
brutto (inkl. Umwelt-, Versicherungs- und Speicherkosten) | 6730 | 24-72 | +20-59 | 17-29 | 13-33 | 12-16 | 6-10 | 5 |
Wind und Sonne sind also bei den Herstellungskosten schon jetzt konkurrenzfähig, bei den Folgekosten erst recht. Das größte Hindernis für einen Ausbau ist die Versorgungssicherheit. Um im richtigen Moment die richtige Energiemenge zu liefern, steigen die Kosten. Andererseits: Kohle, Gas und Öl sind endlich. Früher oder später muss ohnehin umgestellt werden. Die grundlegenden Investitionen in Stromnetze und Speicher sind also unvermeidlich. Wer jetzt nicht investiert, verschiebt die Ausgaben in der Zukunft. Wer suggeriert, man könne sich diese Kosten sparen, argumentiert nicht seriös. Die Kosten für den Klimawandel durch die Braunkohle sind dagegen hoch und unvorhersagbar. Gerechnet wurde hier nur mit einem vom Umwelt-Bundesamt ermittelten Wert von 180-640 Euro pro Tonne CO2 (Tendenz steigend) für Umweltschäden.
CO2 pro Kilowattstunde
Zur Probe mal ausgerechnet:
Globale Emissionen im Verhältnis zum globalen Primärenergiebedarf: 42*1012 kg / (161*1012 KWh ) = 260 g/KWh
Die Argumentation der Klimawandel-Skeptiker
Die englichsprachige Seite Skeptical Science getting skeptical about global warming skepticism bietet eine extrem umfangreiche Matieralsammlung, u.a. werden rund 200 Thesen von Klimawandel-Skeptikern ausführlich diskutiert und widerlegt.
Schwankungen von Temperatur und CO2 hat es schon immer gegeben
Das stimmt. Allerdings traten vermutlich noch nie so drastische Veränderungen innerhalb weniger Jahre auf.
Betrachtet man die vergangenen 400 Millionen Jahre, dann lag der CO2-Gehalt meist höher als aktuell.
In den vergangenen 800.000 Jahren schwankte die globale Temperatur um etwa 10°C. Das ist mehr, als die 1,5 bis 6°C, über die jetzt diskutiert wird. Aber: Es gab noch nie solch einen schnellen Anstieg als jetzt. In früheren Zeiten eines schnellen Anstiegs waren für 1 °C etwa 1000 Jahre nötig. Durch den Klimawandel sind es nur noch 40 Jahre. Und wir sind bereits recht weit oben auf der Skala:
Extremwetterereignisse sind kein Beweis für den Klimawandel
Einzelne Ereignisse sind es nicht. Auch wenn sich in einer Region Hitze-, Sturm oder Regen über ein paar Jahre häufen, wäre das allenfalls ein Indiz. Man muss es global und über einen längeren Zeitraum betrachten. Und da ist die Entwicklung eindeutig. Die Temperatur geht gerade durch die Decke.
Wenn an einem Ort die Durchschnittstemperatur aber um ein paar Grad steigt, gibt es tendenziell häufiger Hitzeperioden. Andernorts kann es auch kälter werden. Das wird aber durch Orte überkompensiert, wo die Temperatur deutlich stärker als im Durchschnitt steigt.
Ein hervorragendes, interaktives Tool zur Darstellung solcher Temperatur-Vergleichs-Weltkarten für beliebige Jahre oder Monate bietet das NASA Goddard Institute for Space Studies.
Kann die Sonnenaktivität für den Klimawandel verantwortlich sein?
Auf diese Idee kann man nur kommen, wenn man isoliert die Daten von 1880 bis 1960 betrachtet. Zudem hatten die starken Zyklen im 18. und 19.Jahrhundert global keinerlei Effekt (s.o. "Global temperatures over the past 1700 years").
Eine Neukalibrierung der Sonnenflecken-Statistik sorgte 2015 dafür, dass sich der hohe Wert von 1954 relativierte. Aber auch ohne diese Neubewertung nimmt die Sonnenaktivität seitdem ab. Der letzte Zyklus 2015 war extrem schwach. Klimawandel-Skeptiker sagen deshalb eine neue Kältezeit voraus. Nach dem Rekordjahr 2016 mit dem etwa alle 4 Jahre auftretenden El Nino-Phänomen waren 2017 und 2018 zwar global etwas weniger intensiv. Dennoch besteht keinerlei Grund zur Entwarnung.
Hat CO2 überhaupt nennenswerten Einfluss auf das Klima?
Anhand von Bohrkernen aus der Antarktis lässt sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre ermitteln, ebenso die Temeratur, die dem CO2-Gehalt folgte. Der aktuelle Wert von ca 420 ppm ist ein deutliches Allzeithoch der vergangenen 800.000 Jahre und wurden zu keinem Zeitpunkt annähernd erreicht. Vorher sind die Daten spekulativer, da kein so altes Eis vorliegt. Laut Royal Society könnte vor 50 Millionen Jahren der Wert von 1000 ppm erreicht worden sein, mit einer Erderwärmung von ca 10 Grad mehr als heute.
Klimaskeptiker behaupten, der CO2-Anstieg sei jeweils erst nach der Erwärmung erfolgt. Außerdem seien die CO2-Werte vor 1960 bei anderer Berechnung deutlich höher, mit einem Spitzenwert über 400 ppm im Jahr 1941.
Weitere Arguente und Gegenargumente
Skeptiker-These | Bewertung |
---|---|
Grönlands Gletscher können nicht durch 1 bis 2 Grad globale Erwärmung schmelzen, weil die Mitteltemperatur im wärmsten Monat Juli -12°C beträgt. Stattdessen könnten industrielle Staubpartikel die Einstrahlungswirkung vergrößert haben. Dies habe nichts mit dem Klimawandel zu tun - das sei ein "Märchen" (Prof. Horst Malberg - Vortrag Youtube 2010). | In einigen Arktisregionen werden mehr als 8 Grad Erwärmung im Jahresmittel gemessen, da die globale Erwärmung nicht gleichmäßig auftritt. Die Annomalie schwankt monatlich stark. Die NASA hat den Eisverlust dokumentiert. Staubpartikel könnten den Prozess trotzdem beschleunigen. |
Die Warnung vor Orkanstürmen in Europa im Sommer ist ein Märchen. Da die Temperaturdifferenz Azoren-Arktis abnimmt, könnten keine Orkane entstehen. | Gewarnt wird generell vor Extremwetter, nicht aber vor Orkanen im Sommer. Die zunehmend stabilen Wetterlagen in Europa können aber Orkane in Nordamerika zerstörerischer machen. |
Klimawandel hat es immer gegeben. Sinngemäß: Die Natur kommt damit klar. | Die nie zuvor dagewesene Schnelligkeit der Entwicklung hebelt Ökosysteme aus und bedroht damit die Lebensgrundlagen vieler Menschen. Die Natur kann sich nicht so schnell anpassen. Millionen von Arten sterben aus. Neue könnten entstehen. Das dauert aber einige Tausende von Jahren. |
Der Einfluss von Wasserdampf ist viel größer | Wasserdampf ist eine Folge von erhöhter Klimagas-Konzentration. |
Warum sind ein paar Grad so dramatisch?
Weil die Temperatur nicht gleichmäßig steigt, sondern sich das gesamte Klimasystem ändern kann. Ein Vergleich: Magadan (Sibirien, Russland) und Stavanger (Norwegen) liegen etwa auf demselben Breitengrad und am Wasser. Magadan hat im Winter Mittelwerte bei -15°C, Stavanger von +2°C. Das zeigt: Luft- und Wasserströmungen haben enormen Einfluss. Wenn sie sich grundlegend ändern, hat das große Folgen. Wann und wie das passiert, lässt sich nur schwer vorhersagen. Bereits eingesetzt hat das Abschmelzen von Gletschern und Polkappen. Dadurch steigt der Meeresspiegel.
Einige Regionen bekommen Probleme, andere profitieren. Gleicht sich das nicht aus?
Die Menschheit wird überleben. Aber in ärmeren Ländern entsteht viel Not. Die Folge: Migration. Die wirtschaftlichen Auswirkungen bekommen auch reiche Staaten zu spüren.
Die Herkunft des 1,5 bzw 2 Grad Ziels
1990 veröffentlichte das Stockholm Environment Institute die Studie Targets and Indicators Of Climate Change, die dem IPCC präsentiert wurde. Damals ging man noch von 5 Gt CO2-Ausstoß durch fossile Energien im Jahr 1990 aus. Aktuelle Schätzungen gehen von ca 20 Gt aus. Später stellte das IPCC fest, dass 2 Grad nicht ausreichen.
Ein weltweites Konzept
Es nützt nichts, wenn nur einige Länder wie Deutschland Energiewende machen, und das auch nur halbherzig. Alle Nationen müssen an einen Tisch. Eine globale Energiewende bedeutet dabei nicht industriellen Stillstand, wie oft behauptet, sondern das Gegenteil. Rational wäre es, mit allen verfügbaren Mitteln Netze, PV und Wind auszubauen - ein gigantisches Investitionsprogramm. In jeder anderen Situation wäre ein international abgestimmter Fahrplan wünschenswert. Doch dafür fehlt inzwischen die Zeit. Der Ausbau muss sofort beginnen. 30 entscheidende Jahre wurden beim Klimawandel leider vertan.
Länder wir Russland, die USA oder Brasilien lassen sich wahrscheinlich nur ins Boot holen, wenn sie die Chance auf künftige Einnahmen durch Energieexporte haben. Der Schlüssel dazu wäre ein globalisierter Strommarkt mit einem massiven Ausbau des internationalen Leitungsnetzes.
Da nicht zu verhindern wäre, dass in solch einem System auch fossil erzeugter Strom oder Atomenergie eingespeist würde, müssten Erneuerbare über den Preis punkten. Der CO2-Emissionshandel bzw eine weltweite CO2-Steuer müssten zwingend dazu beitragen. Ob sie alle Nationen darauf einlassen, bleibt fraglich.
In jedem Fall müssten PV und Wind durch Skalierungseffekte (Massenproduktion) so günstig werden, dass sie fossilen Strom preislich durchgehend unterbieten. Kosten für Flächen und Planung liegen andernorts deutlich unter denen in Deutschland. Herstelluns- und Leitungskosten von insgesamt nur 2 bis 4 Cent/KWh sind bei langfristiger Kalkulation möglich. Für die Investitionskosten im Netzausbau ließe sich bei einem überzeugenden Konzept aber privates Kapital in Milliardenhöhe einwerben.
Allegorien
1, 2 oder 3 Grad: Stellen Sie sich vor, ein Sturm zieht heran und sie machen sich Sorgen um Ihr Haus. Bei Böen mit 100 km/h kommen Sie noch klar. Bei 200 km/h fallen die Dachziegel. Bei 300 km/h bleibt wenig übrig. Selbst wenn sich der Sturm dann legt, bleibt der Schaden. Wenn er sich nicht legt, wird es schwer, das Haus wieder aufzubauen.
Der Berg: Wir nähern uns einem Bergpass, sind kurz vor der höchsten Stelle und wissen ziemlich sicher, dass es danach sehr abschüssig wird und unser Wagen dann eine nie dagewesene Geschwindigkeit erreichen könnte, so dass es gefährlich wird. Sollten wir weiter beschleunigen?