Drei Phasen bis zu Null Emissionen

Null Emissionen bis 2050 gilt als ambitioniertes Ziel. Es wird als Erfolg gefeiert, wenn sich Staaten diese Zielmarke setzen. Früher wird es kaum gehen, weil Landwirtschaft, Zement- und Stahlproduktion, Luftverkehr sich nur schwer dekarbonisieren lassen. Und wir können auch nicht sämtliche Gebäude innerhalb von 10 Jahren zu Niedrigenergiehäusern machen. Aber wir können relativ schnell den Stromsektor umstellen.

Das verbleibende CO2-Budget für 1.5 Grad beträgt etwa 400 bis 500 Gt. Bei gleichbleibendem Verbrauch ist es 2028 aufgebraucht. Dieses Budget muss sich die Welt einteilen. Die Politik geht offenbar davon aus, dass man langsam mit der Installation von Wind und PV beginnen kann, aber nichts überstürzen sollte. Die Autos und Heizungen, die jetzt verkauft werden, dürften über das Jahr 2040 hinaus in Betrieb sein. Doch das müsste nicht sein. Wir müssten sofort so viel Wind, PV, Stromleitungen und Speicher installieren, wie technisch möglich ist, um später etwas Spielraum für die letzten Schritte zu haben. Jeder Schritt markiert etwa ein Drittel CO2-Ersparnis.

Phase 1: 100% Wind und Sonne im Strommix

Aller Anfang ist leicht. Nichts eignet sich besser für die große Aufgabe, Öl, Gas und Kohle zu ersetzen, als das Stromnetz. Ein paar Windräder und PV-Anlagen sind schnell integriert. Sobald es zu viel wird, schaltet man die Erneuerbaren einfach ab. Obwohl die Entwicklung von PV und Wind schon mehr als 30 Jahre hinter sich hat und der Strom von Freiflächen-PV und Offshore-Wind fast ohne Zuschuss auskommt, wird der Zubau neuer Anlagen in Deutschland massiv bürokratisch behindert. Statt der angestrebten 20GW Offshore sind Größenordnungen von 200GW nötig, um sämtliche fossile Primärenergie zu decken. Der tatsächliche Energieverbrauch liegt etwa fünf mal so hoch wie der Strom. Auch der nötige Netzausbau kommt nicht voran.

Phase 2: Sektorkopplung mit Heizung und Verkehr

Auch für Heizung und Verkehr müssen Öl und Gas bzw. Benzin/Diesel ersetzt werden. Elektroautos werden Ende der 2020er dominieren, aber noch immer werden viele Benziner und Diesel weltweit fahren. Hier hilft nur ein hoher CO2-Preis, der deren Benutzung einfach unwirtschaftlich macht. Statt PV-Zubau zu regulieren, müssen Staaten ihr CO2-Budget einteilen und die CO2-Steuer schon jetzt so hoch setzen, dass die Ziele auch eingehalten werden.

Bei Gebäuden wird es schwieriger. Nur sehr moderne Gebäude, ab ca. 2010 in Deutschland mit Fußbodenheizungen, sind für effiziente Wärmepumpen geeignet. Mit Solarthermie oder Holzöfen als Unterstützung lässt sich der Gas- und Ölverbrauch bestenfalls halbieren. Für das Null-Emissionen-Ziel müsste man bis 2040 alles neu bauen. Suboptimale Alternativen wären: Elektroheizungen, die den PV/Wind und Speicherbedarf drastisch erhöhen. Oder man behält die Gasheizung und hofft darauf, dass "grünes" Erdgas aus Wind und Sonne hergestellt wird. Aber auch das ist extrem verlustreich. An einem milden Wintertag benötigt ein gut isoliertes 150m2-Haus ca. 100 KWh Wärmeenergie. Für die Gasherstellung mit Elektrolyseuren wären 300 KWh nötig - das 15fache des Stromverbrauchs in solch einem 4-Personen-Haushalt. Auch ein 100 KWh-Batteriespeicher wäre illusorisch. Vor diesem Hintergrund kann es noch Jahrzehnte dauern, bis sich kostspielige Wärmepumpen oder E-Autos in ärmeren Ländern durchsetzen.

Phase 2b: Neue Marktmechanismen

Die enormen Strommengen bei vollständiger Einbeziehung von Verkehr und Gebäuden lassen sich nur managen, wenn der Strompreis viertelstündlich angepasst wird. Man tankt dann eben sein E-Auto oder beheizt seinen Puffer-Speicherbehälter, wenn der Strom günstig ist. Nur dann lohnt sich auch die Anschaffung jeglicher Batterie- oder Heizungsspeicher. Der Strompreis sollte weitgehend durch den Marktpreis bestimmt werden, der bei Dunkelflauten auch mal in die Höhe schnellen kann.

Entfernungsbasierte Netzentgelte für Großabnehmer wären ein weiterer Anreiz. Das Modell: Großabnehmer kaufen z.B. vom Windpark einen Tag im Voraus eine prognostizierte Energiemenge, für die dann auch Netzkapazitäten eingekauft werden, die ebenfalls viertelstündlich meistbietend vergeben werden. Auf diese Weise regelt der Markt, wo der Zubau von Wind und Sonne am effektivsten ist. EEG-Umlage und Stromsteuer könnten entfallen. Zuschüsse wären nicht nötig, sobald fossile Energieträger durch hohe Emissionsabgaben aus dem Markt gedrängt wären. Auch Prämien für die Stillegung von für Kohle und Gaskraftwerken sind nicht nötig, da die Produktion sich einfach nicht mehr lohnt.

Phase 3: Landwirtschaft und alles andere

Es gibt eine ganze Menge Bereiche, in denen die Lösungen jetzt, im Jahr 2020, noch weit entfernt scheinen:

Die Umstellung dieser Bereiche erfordert bereits so viel Zeit, dass es für 1.5 Grad knapp wird, selbst wenn Strom, Gebäude und Verkehr von heute auf morgen emissionsfrei wären. Deshalb ist es verantwortungslos, bei dem zu zögern, was bereits jetzt möglich ist. Das ist die massive Ausweitung der Solar- und Windproduktionskapazitäten, die Installation von Wind- und PV-/CSP-Parks und der massive Netzausbau.

CO2-Budgets für jedes Land

Wir haben noch 400 Gt, die wir emittieren können, 42Gt beträgt der aktuelle Jahresverbrauch. Wie teilen wir das auf? Es gibt zwei Ansätze: Pro Erdbewohner wären es etwa 60 t. Das wäre gerecht. In Dritte-Welt-Ländern hätten die Bewohner noch einige Jahrzehnte Zeit, um bei Null zu landen. Bewohner der USA hätten bei aktuellem Verbrauch aber nur noch drei Jahre, um dann schlagartig auf Null zu gehen. Deutsche oder Chinesen hätten sechs Jahre. Das ist unmöglich. Realistischer ist der Ansatz, dass alle Länder Reduktionen ausgehend von ihrem Niveaau garantieren. Aber auch das ist ehrgeizig. Bei einer Halbierung der Emissionen bis 2030 wären bereits mehr als 3/4 des aktuellen Budgets verbraucht.